09. Mai 2022
Immer eine Handbreit Geschichte unterm Schuh. Wer die Gegend um Woltersdorf und Rüdersdorf besucht, kann sich wandernd durch Millionen Jahre Erd- und Zeitgeschichte bewegen.
Seinen Namen hat der Kalksee vom benachbarten Rüdersdorfer Kalksteinbruch. Eigentlich liegt diese rund 240 Millionen Jahre alte Gesteinsart in bis zu 1500 Metern Tiefe. Durch eine geologische Besonderheit, ein sogenanntes „Salzkissen“, wölbte sich die Kalkschicht bis an die Erdoberfläche. In Rüdersdorf wird seit rund 800 Jahren Kalk abgebaut, es ist der einzige Kalksteinbruch in Norddeutschland. Der Tagebau ist noch aktiv, ein weiter Teil des Geländes wurde jedoch bereits zu einem sehenswerten Museumspark umgestaltet.
Transportiert wurde der Kalk seit jeher auch auf dem Wasserweg. Die eiszeitlich vor rund 15.000 Jahren entstandenen Seen, Fließe und Flüsse machen es möglich. Zur glazialen Linie des Kalksees gehören der Flakensee im Süden, im Norden führt eine Verbindung durch den Stolpgraben und den Hohlen See in das Strausberger Mühlenfließ, das zum Langerhanskanal und zum Stienitzsee führt.
Eine Kammerschleuse löste im Jahr 1640 diverse Stauwerke zur besseren Schiffbarkeit ab. Ein jährliches Schiffsaufkommen von etwa 15.500 Schiffen um 1850 machte die Verbreiterung und Vertiefung des Kanals zwischen Mühlenteich und Kalksee nötig. Der Bau einer neuen Schleusenanlage wurde 1882 fertig. Seither wurde sie mehrfach erweitert und umgebaut. Die Woltersdorfer Schleuse ist jetzt 65,36 m lang und 8,60 m breit. Sie bewältigt einen Höhenunterschied von 2,10 m.
Die prosperierende nahe Großstadt Berlin prägte die Entwicklung des Umlandes vor 150 Jahren. Die willkommenen erholungssuchenden Ausflügler sollten umworben, bewirtet und bespaßt werden. Der 1884 gegründete Woltersdorfer „Verschönerungsverein“ machte es sich zur Aufgabe, dass die Touristen was für’s Auge hatten. Noch heute kümmert sich der Verein um das Antlitz der Liebesquelle, die wir auf unserer Wanderung passieren.
Dem Verschönerungsverein ist auch der Bau des Aussichtsturmes auf dem Kranichsberg zu verdanken. Hier findet sich eine Ausstellung zu einem bedeutenden Teil der Woltersdorfer Geschichte, deren Spuren heute fast nicht mehr sichtbar sind. Am Kalksee gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Filmstadt, die die Berliner Ufa-Studios in den Schatten stellte und zeitweise auch für Hollywood eine ernstzunehmende Konkurrenz darstellte. 1921 drehte hier Joe May „Das indische Grabmal“. Am Ufer des Kalksees entstanden in Originalgröße der Palast des Maharadschas, die Chinesenstadt und ein Dschungeldorf. Der Zirkus Sarrasani lieferte die Elefanten, Hagenbecks Tierpark die Tiger und das Berliner Aquarium zwei Krokodile.
In der Dauer-Schau im Woltersdorfer Aussichtsturm sind vor allem Autogrammkarten zu sehen, alte Fotos von Dreharbeiten, Presse-Veröffentlichungen, Filmausschnitte oder alte Baupläne zur Mayschen Filmstadt. Die Dokumente hat der Hobbyhistoriker Gerald Ramm zusammengetragen. Besucher erfahren nicht nur Wissenswertes zur Stummfilm-Hochburg, sondern auch, dass Wim Wenders das traditionelle Landschaftsensemble 1993 für seinen Film "In weiter Ferne, so nah!" nutzte und der Defa-Klassiker "Solo Sunny" 1980 zu großen Teilen im Rüdersdorfer Kulturhaus gedreht wurde.
Wer mag, bringt also für die Runde um den See etwas mehr Zeit mit. Oder kommt wieder, den Verschönerungsverein wird’s freuen.
Los geht’s.
Wie beim Flakensee gibt es eine stark bebaute Westseite und eine Waldseite im Osten. Wir starten in Rüdersdorf im Norden. Es geht über eine langgezogene Fußgängerbrücke über den Kalkgraben, der vor dem ehemaligen Kalksteinabbau Rüdersdorf zu enden scheint. Am Ende der Brücke biegen wir links in die Seestraße ab und folgen ihr unterhalb der Autobahn bis zu einer Liegewiese. Hier hat man einen guten Blick auf den See und den Stolpgraben, der über einen weiteren See und Graben die Verbindung zum Stienitzsee bildet.
Zurück auf der Seestraße geht es weiter bis zur Kreuzung. Hier nach links in die Puschkinstraße abbiegen und ihr über die Brücke über den Stolpgraben folgen. Am Ende der Brücke links halten in die Straße „Am Stolp“. Es geht leicht bergauf. Oben angekommen nach rechts in die Hochstraße abbiegen. Vorbei an vielen Häusern und ab und zu mal Blick auf den fernen See geht es weiter. In die Straße „Im Winkel“ links abbiegen, da die Hochstraße ein paar Meter später endet. Die Straße knickt nach rechts ab und es geht eine Treppe hinab zum Meisensteg. An dessen Ende liegt der Fährweg. Hier kann man links Richtung See abbiegen und auch ans Ufer treten. Es gibt die Möglichkeit einen Blick auf einen kleinen Ausschnitt des Sees und auf die gegenüberliegende Klinik zu werfen.
Mit dem See im Rücken geht es den Fährweg hinaus bis zur Rüdersdorfer Straße. Hier links abbiegen und der Straße auf einem unbefestigten Fußweg ca. 300m bis zur Sebastian-Bach-Straße folgen und in die letztgenannte nach links abbiegen. Am Ende der Straße liegt hinter einer hohen Hecke mit schmalem Durchgang eine größere Badestelle. Auch hier gibt es eine schöne Aussicht auf den See.
Zurück zur Hecke und nun links in die Richard-Wagner-Straße abbiegen. Diese gabelt sich wenig später. Wir halten uns links auf der Schubertstraße. Dieser Straße folgen wir nun an vielen Wassergrundstücken vorbei. Die Schubertstraße wird später zur Kalkseestraße und ein sehr kurzes Stück wandern wir auch direkt am Kanal Richtung Schleuse.
Die Kalkseestraße endet vor der Schleusenstraße. Hier biegen wir links ab und es geht Richtung Schleuse. Hinter der Schleuse halten wir uns links und es geht hinter der Liebesquelle an der Weggabelung den linken Weg zurück Richtung Kanal.
Auf der Ostseite kann man sich nicht verlaufen. Der erste Teil des Weges führt am Kanal entlang. Nachdem man die letzten Häuser hinter sich gelassen hat, geht es wasserseitig an einer Sumpflandschaft vorbei. Danach erreicht man das Südufer des Kalksees und kann ihn zum ersten Mal in seiner kompletten Ausdehnung erfassen.
Es geht in wenigen Metern Entfernung zum Wasser weiter nach Norden. Unterhalb der Immanuel-Klink gibt es einen großen Steg. Es lohnt sich die Treppen hinabzusteigen. Auch hier hat man einen tollen Blick über den See und in den Kanal.
Weiter im Norden kommt nach einer sehr entspannenden Wegstrecke mit einigen nicht zugänglichen Stegen die Autobahnbrücke weiter in den Blick. Unter ihr hindurch erreichen wir rund 300m später den Ausgangs- und Endpunkt der Runde um den Kalksee.
Die Tour zum Nachwandern unter https://www.komoot.de/tour/763053097?ref=wta
https://www.tagesspiegel.de/themen/brandenburg/der-tiger-im-panorama-turm/417148.html
https://www.lr-online.de/nachrichten/unverwechselbare-filmkulisse-am-kalksee-33305824.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Das_indische_Grabmal_(1921)
https://www.morgenpost.de/printarchiv/wwbm/article104422216/Filmreife-Gegend-am-Rande-Berlins.html
https://www.morgenpost.de/printarchiv/wwbm/article104422216/Filmreife-Gegend-am-Rande-Berlins.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Woltersdorf_(bei_Berlin)
https://www.filmorte.de/filmstadt-woltersdorf/
https://www.woltersdorf-schleuse.de/seite/132095/filmgeschichte.html
Zum Kalksee in der Ruppiner Schweiz bitte hier entlang.
Norman wandert fast jeden Sonntag um einen See herum. Meistens in Brandenburg, manchmal in Berlin, und sogar in seinen Urlauben findet er immer ein Gewässer, das sich umrunden lässt. Seine Ausflüge dokumentiert er auf seinem Blog und der Wanderplattform Komoot. Wir übernehmen die Wandertipps unserer Region und ergänzen sie mit Wissenswertem, interessanten Details oder kuriosen Geschichten, die wir im Netz finden.
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