16. Sep 2025
Beim Posten und Vermarkten von Kindern im Internet werden oftmals Kinderrechte missachtet.
Darauf hat die 26-jährige Industriekaufrau Annemarie Lehmkemper während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am Montag aufmerksam gemacht. Lehmkemper hatte sich im vergangenen Jahr mit einer Petition an den Ausschuss gewandt und eine „Verschärfung der Gesetze in Bezug auf das Posten und Vermarkten von Kindern im Internet“ gefordert. 54.129 Personen hatten die öffentliche Eingabe (ID 172605) auf der Petitionsplattform des Bundestages mitgezeichnet.
„Das Posten von Kinderbildern im Internet birgt gravierende Gefahren in sich“, sagte die Petentin zu Beginn der Sitzung. Es gehe um Missbrauch und Sexualisierung, weil selbst harmlose Fotos in die Hände Krimineller geraten, dann mittels KI manipuliert und auf illegale Plattformen verbreitet werden könnten. Auch könne es zu einem Identitätendiebstahl kommen. „Daten und Bilder von Kindern könnten für Fake-Profile, Betrug oder sogar Deep-Fakes missbraucht werden.“ Inhalte, die Eltern heute niedlich finden, könnten Kinder später belasten, zu Scham führen oder als Mobbing-Vorlage dienen.
Lehmkemper nannte auch das Problem der Kommerzialisierung. Kinder würden zunehmend für Social-Media Inhalte eingesetzt, „oft ohne Mitspracherecht, ohne Schutz und ohne Anspruch auf die erzielten Einnahmen“. Dabei garantiere die UN-Kinderrechtskonvention Kindern das Recht auf Privatsphäre, wie die Petentin betonte. Dieses Recht werde tatsächlich in Deutschland aber nicht ausreichend umgesetzt.
Die Petentin verlangte, das Datenschutzrecht von Kindern konsequent umzusetzen, die kommerzielle Verwertung von Kinderbildern zu regulieren, Sanktionen bei Verstößen vorzusehen und die Öffentlichkeit durch Aufklärungskampagnen stärker zu sensibilisieren. Was heute über Kinder veröffentlicht werde, „begleitet sie ein Leben lang“, sagte Lehmkemper. Es sei höchste Zeit, ihre Rechte auch im digitalen Raum wirksam zu schützen.
Auf Nachfrage der Abgeordneten erläuterte sie, dass das Hauptthema ihrer Petition die Kommerzialisierung sei - etwa beim professionellen Family-Blogging. Aber auch Eltern, die mit den Postings kein Geld verdienten, „verletzen die Rechte der Kinder“.
Lukas Glaser vom Deutschen Kinderhilfswerk, der der Petentin bei der Sitzung zur Seite stand, sagte, insbesondere das Family-Influencing werfe einen breiten Strauß an Rechtsfragen auf. In erster Linie sei es aber das Jugendarbeitsschutzgesetz, das hier zum Tragen kommen könne. Eigentlich müssten Eltern, die ihre Kinder posten, eine Ausnahmegenehmigung einholen, sagte er. Tatsächlich passiere das aber so gut wie nie.
Glaser sprach sich dafür aus, Kinder so früh wie möglich bei der Frage einzubeziehen, ob Bilder von ihnen veröffentlicht werden sollten. Die Schwelle der Einsichtsfähigkeit sollte aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerks in diesem speziellen Kontext von aktuell 14 auf 10 Jahre abgesenkt werden. Ab diesem Alter sollten Kinder in die Entscheidung mit einbezogen werden, um ihrer Beteiligungsrechten gerecht zu werden.
Aus Sicht der Bundesregierung gibt es aktuell bei dem Thema ein „Defizit bei Studien und Erkenntnisgewinnung“. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium, Mareike Wulf (CDU), verwies darauf, dass es zu unterscheiden gelte, zwischen dem sogenannten Posten der Kinderbilder durch die Eltern, das Influencing - wenn Kinder von sich aus posten - und den Family-Influencern, die ein kommerziellen Interesse verfolgten. „Das macht eine sehr großen Rechtsrahmen auf und betrifft mehrere Resorts“, sagte Wulf und kündigte eine zeitnahe Ressortbesprechung zu dem Thema an.
Ein Vertreter der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz sprach von einer seit Jahren steigende Relevanz dieses Themenfeldes. Verstärkt werde die Problematik durch die Möglichkeiten der KI. Aus ursprünglich harmlosen Bildern werde so kinderpornografischen Material erstellt. „Das ist eine sehr große Problematik“, sagte er.
Zugleich verwies er auf den Digital Service Act (DAS), der als europäisches Instrument der Plattformregulierung zu nennen sei. Die von der EU dazu verabschiedeten Leitlinien griffen zwar das Thema des Postens von Kinderbildern durch die Eltern noch nicht auf, ließen aber den Regulierern Platz für präventive Vorsorgemaßnahmen. Ein denkbarer Ansatz ist aus Sicht des Vertreters der Bundeszentrale, Warnhinweise auszuspielen, „wenn entsprechender Content hochgeladen werden soll“.
aus "Heute im Bundestag" vom 15.9.2025
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