19. Mär 2021
Ein Tagebuch – mit Kritzeleien, Zettelchen, runden Ecken. Sehr privat, reinschmökern verboten. Ein Roman – die Geschichte einer 15jährigen aus Kanada. Zu gut, um ungelesen zu leiben!
Dieses Buch, das zuerst in Kanada auf französisch erschienen ist, ist in seiner Gestaltung ganz besonders. Ich habe schon viele Jugendbücher in der Hand gehabt und finde dieses Jugendbuch in seiner Gestaltung einzigartig.
„Fanny Cloutier – Das Jahr, in dem mein Leben einen Kopfstand machte“ ist in Tagebuchform geschrieben und seine optische Gestaltung vermittelt den Eindruck, dass man tatsächlich ein Tagebuch in der Hand hält. Die Seiten sind durchweg farbig und ausgesprochen kreativ gestaltet. Die Schrift ist in unterschiedlichen Farben gehalten und es gibt Anmerkungen zum Text, die wie nachträglich handschriftlich angefügt wirken. Bunte Seiten, karierte Seiten, immer wieder handschriftliche Anmerkungen und auch das eine oder andere Faltblatt ist in das Buch eingeklebt.
Es gibt viele Illustrationen der Ich-Erzählerin, manchmal auch nur kleine Muster und Kritzeleien. Aber auch haptisch ist das Buch etwas Besonderes: Die Ecken der Seiten sind abgerundet und die Seiten sind dünner als in anderen Büchern, das macht das Buch auch optisch zu einem gelungenen Tagebuchroman.
In diesem gestalterisch ganz besonderen Buch erzählt uns die fast 15jährige Fanny Cloutier aus ihrem Leben. Neben allen Gedanken und Sorgen, die ein Teenager hat, stehen ihr ganz besondere Monate bevor, über die sie teils humorvoll, teils hoch emotional berichtet.
Fanny lebt mit ihrem Vater in Montreal. Eigentlich ist ihr Vater Forscher, aber er macht etwas ganz anderes, um Geld zu verdienen. Doch plötzlich bekommt er die Chance, seiner wahren Leidenschaft nachzugehen. In Japan hat jemand Interesse an seinen Forschungen. Er muss für mehrere Monate nach Japan. Für Fanny bedeutet das, dass sie in der Zeit in ein 265 km von Montreal entferntes Kaff zu ihrer Tante Lorette ziehen muss.
Sie kennt diese Lorette überhaupt nicht! Fannys Mutter starb bei einem Unfall als Fanny drei Jahre alt war und seitdem ist der Kontakt zur Familie abgebrochen. Fanny hat mit ihrem Vater alleine in Montreal gewohnt. Richtig warm wird Fanny deshalb mit ihrem Cousin Henri, ihrer Tante Lorette und ihrem Onkel nicht. Und in der Schule findet sie sich auch nur schwer ein.
Irgendwann freundet sie sich dann aber doch mit Elaine an und geht sogar zu ihr nach Hause zum Essen. Obwohl Elaine in der Schule nicht besonders beliebt zu sein scheint, fühlt sich Fanny bei ihr im Haus gleich richtig wohl. Sogar die Tomatensauce von Elaines Mutter schmeckt haargenau wie die von Fannys Vater. Und tatsächlich ist es auch haargenau das Rezept, das ihr Vater immer kocht.
Dass das kein Zufall ist, merkt sie schnell, denn Elaine gibt Fanny ein Fotoalbum, in dem es Fotos von Fannys Mutter gibt. Fanny ist baff und wird noch saurer auf ihren Vater. Warum hat er ihr die Vergangenheit vorenthalten? Warum weiß sie so wenig über den Unfall, bei dem ihre Mutter starb? Fanny ist so überwältigt, dass sie fluchtartig das Haus von Elaine verlässt. Erst langsam schafft sie es, der Sache auf den Grund zu gehen.
Neben dieser Geschichte, die das Buch ab der Mitte dann richtig spannend macht, geht es um viele Dinge aus einem Teenagerleben. Fanny erzählt uns auf humorvolle Art vom neuen Französischlehrer, für den sie schwärmt. Auch ihren ersten Kuss bekommt sie bald, wenn auch nicht von M. Le Bon. Fanny ist ehrlich und direkt, auch im Umgang mit ihren Mitmenschen. Das stellt ihr manchmal ein Bein. Hätte sie doch besser die Klappe gehalten und ihrer Lehrerin nicht den Lippenstift empfohlen, den es in Montreal gibt und der keine Spuren an der Tasse hinterlässt. Klar, dass das schief geht, Fanny rügt sich selbst im Tagebuch dafür.
Dieses Buch ist nicht nur optisch und haptisch etwas Besonderes. Fanny erzählt ihrem Tagebuch eine spannende Geschichte, die viel in ihrem Leben verändert und klärt und lässt es (und uns) nebenbei noch auf teils humorvolle, teils ernste Art an vielen alltäglichen Sorgen eines Teenagers teilhaben. Dieses Jugendbuch ist ein sehr gelungener Tagebuchroman. Ich freue mich, dass soeben bereits der zweite Band auf deutsch erschienen ist.
Stéphanie Lapointe (Text),
Marianne Ferrer (Ill.), Anne
Braun (Übersetzung)
Fanny Cloutier, Band 1
Loewe Verlag
ISBN 978-3-7432-0764-6
16,95 €
ab 11 J.
Unsere Buchtipps sind Empfehlungen der Buchhandlung Schwericke in Lichterfelde. Der Laden liegt direkt am S-Bahnhof Botanischer Garten. Natascha, im Team verantwortlich für den Bereich Kinder- und Jugendbuch, stellt an dieser Stelle regelmäßig exklusiv für berlin-familie.de eine Neuerscheinung oder einen gut abgelagerten „Mustread“ vor.
Mehr über das Team und den Laden kann man HIER nachlesen.
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