Seewanderung: Ziestsee

30. Mai 2022

Norman Heise
Seewanderung: Ziestsee

Zwei Ziestseen in derselben Gemeinde. Das führt zu Verwechslungen – und einem ungelösten literarischen Rätsel.

„Unser“ Ziestsee liegt östlich der Dahme in der Brandenburger Gemeinde Heidesee. Er gehört zum Dahme-Seengebiet etwa 30 km südöstlich von Berlin. Der See ist mit einer Fläche von 0,5qkm vergleichsweise sehr klein. Das flache, von Kiefernwäldern umgebene und nahezu komplett von einem Schilfgürtel umschlossene Gewässer wird nur durch eine Unterwasserquelle gespeist und ein kleiner Bach sorgt für eine Verbindung und Abfluss zur wenige 100 m entfernt vorbeifließenden Dahme.

Der See hat einen kleinen Bruder gleichen Namens quasi um die Ecke. Südlich des Wolziger Sees an der B 246 liegt eine Pfütze, die noch einmal halb so klein ist wie der oben genannte Namensvetter. Das Highlight dieses Ziestsees sind seine Seerosen – die es am „Großen“ Ziestsee nicht gibt und auch vor 70 Jahren nicht gab.

Dieses Detail trieb den 2020 verstorbenen Journalisten Dieter E. Zimmer um. In akribischer Kleinarbeit versuchte der mehrfach ausgezeichnete Zeit-Redakteur herauszufinden, welches reale Vorbild „Ardalions See“ in dem Roman „Verzweiflung“ von Vladimir Nabokov hatte. Der Schriftsteller, der in den 1950er Jahren mit dem Roman „Lolita“ weltberühmt und zu einem der einflussreichsten Literaten des 20. Jahrhunderts wurde, soll am Ziestsee seinen ersten Roman beendet und einige Jahre später diesem See in seinem Roman „Verzweiflung“ ein literarisches Denkmal gesetzt haben. Aber welcher der beiden Ziestseen war gemeint? Oder war es doch ein ganz anderer See?

Zimmer stützt sich bei seinen Recherchen auf Vorarbeiten des Schriftstellers Jens Sparschuh. Der, so Zimmer,

 „vertiefte sich dermaßen in diese Rätsel, dass er ihnen im Sommer 2009 monatelang nachging, in Archiven recherchierte, Ortsansässige befragte, kreuz und quer in der Gegend umherfuhr und -wanderte – um am Ende zu dem Schluss zu kommen, dass er sie nicht lösen könne. Es kam ihm vor, als gerate er immer tiefer in ein Labyrinth, aus dem er nicht mehr herausfinden würde. Darum machte er den Bericht über seine Recherche zu einem Quasi-Roman mit dem Titel Ende der Sommerzeit. Er handelt von einer erfolglosen Recherche, die vielleicht nur eine Form von Geistestrübung ist.“

Zimmers Ausführungen sind interessant für Literatur-Nerds, weshalb sie hier nicht weiter vertieft werden sollen. Nur so viel: Der Redakteur studierte Quellen, wertete Kartenmaterial aus und beschäftigte sich mit dem Immobilienmarkt rund um die stadtnahen Brandenburger Seen, der in den 1930er Jahren auch für Exil-Russen interessant war. Nachzulesen sind seine Nachforschungen in einem Beitrag auf seiner noch immer abrufbaren Webseite.

Eine mit Fakten überprüfbare Lösung fand auch Dieter Zimmer nicht, von einem Scheitern will er dennoch nicht sprechen. Seine These lautet:

„Dass "Ardalions See" die Kontamination zweier Doppelgänger war. Nabokov hatte bei der Konzipierung von Verzweiflung beide Ziestseen im Sinn. Er lieh Ardalion seinen eigenen Kolberger Ziestsee mitsamt seinen einsamen Ufern, seinem Seegrundstück, verlegte ihn dabei aber an die Stelle, wo in der Wirklichkeit wie im Roman der andere, der größere, der Bindower Ziestsee liegt.“

Das ist doch mal eine Theorie, die nach Versöhnung klingt.

Kann also losgehen.

Wir starten an der Badestelle. Hier gibt es einen Parkplatz, der unser Ausgangspunkt ist. Zu Fuß geht es nun einen Teil der Strecke zurück, die wir gerade gekommen sind. Also nordöstlich zur Geschwister-Scholl-Straße und auf ihr geht es vorbei an sehr unterschiedlichen Häusern und Grundstücken. Nachdem die letzten Häuser hinter uns liegen, geht es nach 360m auf der Straße weiter, bis ein Waldweg auf der rechten Seite in Sicht kommt. Hier biegen wir ab und wandern auf dem Weg in sehr großer Entfernung zum See.

Bei der nächsten Gelegenheit nach rechts abbiegen und dem Weg folgen, der nun auf den See zuführt. Durch die Bäume kann man ihn auch hin und wieder erblicken. Der Weg endet vor der Verlängerten Mariannenstraße. Hier geht es wieder zwischen Grundstücken und dem See auf der rechten Seite, der auch hier nur selten in Sicht kommt.

Kurz bevor die Straße nach rechts abbiegt, gibt es rechts den Hinweis auf eine Wasserentnahmestelle. Dem schmalen Weg folgend, erreichen wir ein schmales Stück Ufer am südlichen Ende des Sees mit einem kleinen Ausschnitt auf den See.

Wir folgen der Straße, die nun Mariannenstraße heißt. Das Bild bleibt das gleiche: Häuser und Grundstücke. Gelegentlich blitzt ein Stück See auf der rechten Seite ins Auge.

Es kommt auf der gleichen Seite noch eine zweite Möglichkeit ans Ufer des Sees zu treten, denn es gibt eine zweite Badestelle. Der Ausblick ist hier aber auch eher eingeschränkt.

Weiter geht es auf der Mariannenstraße in Richtung Norden. Nach dem letzten Haus auf der rechten Seite gibt es einen kleinen Trampelpfad. Ein kurzes Stück durch den Wald gehend, erreichen wir den Parkplatz, von dem wir gestartet sind. Es lohnt sich noch hinunter zum Wasser zu gehen, wenn man das nicht gleich zu Beginn der Runde schon gemacht hat.

Die Tour zum Nachwandern:

Ziestsee: https://www.komoot.de/tour/787650958?ref=wtd

Ziestsee 1

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Norman wandert fast jeden Sonntag um einen See herum. Meistens in Brandenburg, manchmal in Berlin, und sogar in seinen Urlauben findet er immer ein Gewässer, das sich umrunden lässt. Seine Ausflüge dokumentiert er auf seinem Blog und der Wanderplattform Komoot. Wir übernehmen die Wandertipps unserer Region und ergänzen sie mit Wissenswertem, interessanten Details oder kuriosen Geschichten, die wir im Netz finden.

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