Gemeinschaftsschulen wollen ins Schulgesetz

06. Feb 2018

Daniela von Treuenfels
Gemeinschaftsschulen wollen ins Schulgesetz

10 Jahre nach ihrer Einführung sind die Berliner Gemeinschaftsschulen offiziell noch immer ein „Schulversuch“. Eltern dieser Schulen haben sich zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Eines ihrer Ziele: die Gemeinschaftsschulen sollen eine Regelschulform sein, das Schulgesetz soll entsprechend angepasst werden.

Das Elternnetzwerk Berliner Gemeinschaftsschulen könnte sich eigentlich entspannt zurücklehnen. Die Schulform hat sich etabliert, eine Studie bescheinigt eine weitgehend erfolgreiche Arbeit und die Schulinspektion hat, von wenigen Ausnahmen abgesehen, an der Arbeit der Pädagogen dieser Schulform nichts auszusetzen.

Die engagierten Eltern sind schon länger mit der Politik im Gespräch mit dem Ziel, gesetzlich zu verankern, was seit Jahren Realität ist und beständig wächst: Das gemeinsame Lernen von Klasse 1 bis 13 soll im Schulgesetz einen Platz erhalten. Die derzeitige Koalition ist sich fast einig, Grüne und Linke unterstützen die Idee. Alleine die SPD streitet intern über ihr Vorgehen.

Eine Diskussionsveranstaltung im Januar in der Evangelischen Schule Berlin Zentrum sollte dem Anliegen noch einmal Schwung verleihen und letzte Zauderer überzeugen. Wir sprachen mit der Organisatorin Carola Ehrlich-Cypra, Elternvertreterin an der Wilhelm-von-Humboldt-Gemeinschaftsschule in Pankow.

Was war das heutige Anliegen?

Zum einen wollten wir einmal die Schulen zusammenholen und die Vielfalt der Schulform sichtbar machen. Gemeinschaftsschulen sind unterschiedlich! Die einen haben Noten bis zur 8. Klasse, andere nicht. Die einen arbeiten jahrgangsübergreifend bis Klasse 10, andere nicht. So sind wir damals in 2015 gestartet, weil wir einfach wissen wollten, wie es andere machen.

Die Unterschiede zu anderen Schulformen beruhen auf dem Konzept der Gemeinschaftsschule oder eher an den Leuten, die dort arbeiten?

Beides. Es gibt an der Schulform sehr engagierte Schulleitungen, die eine gemeinsame Vision haben, und die lautet: wir wollen nach Klasse 6 nicht selektieren. Das bedeutet gewaltige Unterschiede zwischen den einzelnen Schülern, die zum Teil durch Jahrgangsmischung noch größer werden. Da musst du als Lehrer ganz anders arbeiten. Eine Bereitschaft zum höheren Engagement gehört durchaus dazu.

Um pädagogische Fragen ging es heute bei eurer Veranstaltung weniger. Die Verankerung im Schulgesetz stand im Vordergrund. Warum ist die so wichtig?

Der Schulversuch Gemeinschaftsschule ist jetzt im 10. Jahr, und Schulversuche können auch beendet werden. Vor zwei Jahren wurden die Ergebnisse einer Begleitstudie vorgelegt, die den Gemeinschaftsschulen bestätigte, dass ihre Kinder höhere Lernzuwächse haben als die Vergleichsgruppe. Das waren Stadtteilschulen und Gymnasien in Hamburg, getestet wurden Schüler der Klassen 7 bis 10. Wir erhoffen uns Wertschätzung für diese Erfolge durch gesetzliche Verankerung, das gibt uns Sicherheit.

Sind Gemeinschaftsschulen aus deiner Sicht besser als Integrierte Sekundarschulen?

Was Durchlässigkeit angeht, auf jeden Fall. Kein Schüler muss die Gruppe verlassen, weil es am Ende der 6. Klassen einen bestimmten Notendurchschnitt gibt. Langsame Lerner haben mehr Zeit. Auch das durchgehende Lernen von sehr unterschiedlichen Schülern gemeinsam ist eine Stärke und eine Chance. Die stärksten Gemeinschaftsschulen sind jene mit reformpädagogischen Arbeitsweisen. Hier gibt es auch schon herausragende Beispiele an Integrierten Sekundarschulen und auch an Gymnasien.

Gibt es noch einen wichtigen Unterschied?

Die Gemeinschaftsschule ist die demokratischere Schulform. Das gemeinsame miteinander Lernen, unterschiedliche Bildungsbiografien, unterschiedliche Herkünfte – in einer Zeit, in der alles auf Segregation ausgerichtet ist, ist diese Schulform ein Gegengewicht.

Hat diese Schulform dann den Verwaltungsakt der gesetzlichen Verankerung nötig?

Unbedingt. Wir wollen, dass die Politik sich erklärt und stolz ist auf die Leistung der Schulen. Sie hat das getan, als die Studienergebnisse präsentiert wurden, im Moment sehen wir das aber nicht mehr. In Baden-Württemberg gibt es mit der neuen Landesregierung gerade ein Rollback der Gemeinschaftsschulen, das wollen wir für Berlin unbedingt vermeiden. Ein Schulgesetz zu ändern ist ein viel größerer Schritt, als eine Schulform durch Ausbluten still und leise abzuwickeln.

Mehr Informationen: www.eb-gemeinschaftsschule.de

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