„Weckruf“: Studie offenbart Lehrermangel in Grundschulen

09. Sep 2019

Daniela von Treuenfels
„Weckruf“: Studie offenbart Lehrermangel in Grundschulen

Lehrer fehlen, vor allem an Grundschulen. Deutschlandweit. Wie groß die Lücke tatsächlich ist, offenbart eine Studie der Bertelsmann-Stiftung.

Demnach zeigen Berechnungen auf Basis aktueller Zahlen des Statistischen Bundesamts: Der Lehrermangel im kommenden Jahrzehnt wird noch größer als erwartet. Bis 2025 fehlen 11.000 Grundschullehrkräfte mehr als bisher von der Kultusministerkonferenz prognostiziert.

Zu diesen Ergebnissen kommen die beiden Bildungsforscher Klaus Klemm und Dirk Zorn in ihrer Analyse, in der sie die Prognose der KMK mit der Schülerzahlentwicklung vergleichen, die sich aus der jüngsten Bevölkerungsvorausschätzung des Statistischen Bundesamts ableiten lässt.

Im Jahr 2025 fehlen, so die Forscher, mindestens 26.300 Absolventen für das Grundschullehramt. Die Kultusministerkonferenz sei in ihrer Prognose aus dem Oktober 2018 hingegen von lediglich rund 15.300 fehlenden Lehrkräften ausgegangen. Diese Diskrepanz sei auf einen stärkeren Anstieg der Schülerzahlen zurückzuführen. „Ging die KMK im vergangenen Jahr noch davon aus, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler in der Primarstufe im Jahr 2025 bei 3,064 Millionen liegen würde, zeigt eine Schülerzahlenprognose auf der Basis der aktuellen Bevölkerungsvorausschätzung des Statistischen Bundesamts, dass die Zahl der Grundschulkinder rund 3,232 Millionen betragen dürfte. Dies entspricht einem Plus gegenüber der KMK-Schätzung von rund 168.000 Schülern.“

Auch 2030 würden die Schülerzahlen absehbar höher liegen als von der KMK erwartet: Statt den von ihr geschätzten 3,019 Millionen müsse dann im Primarbereich mit 3,181 Millionen Schulkindern gerechnet werden.

Wenn es bis 2025 nicht gelinge, die bis dahin entstandene Lehrkräftelücke zu schließen, drohe der Lehrermangel bis 2030 fortzubestehen. Dem von der KMK bisher prognostizierten Absolventenüberschuss von 6.750 Grundschullehrkräften für die Jahre 2026 bis 2030 stehe nach den jetzigen Berechnungen nämlich ein zusätzlicher Bedarf von 10.600 Lehrkräften entgegen.

Als „Weckruf“ wollen Dirk Zorn und Klaus Klemm ihre Kurzstudie verstanden wissen. „Die Kinder, die im Jahr 2025 eingeschult werden, sind bereits alle auf der Welt. Dennoch geht die Kultusministerkonferenz in ihren Planungen von einer Schulkinderzahl in der Primarstufe aus, die um fast 170.000 zu niedrig ist, und deshalb von einem Lehrkräftebedarf, der um 42 Prozent unter dem zu erwartenden Bedarf liegt. Für die Periode bis 2030 sieht es kaum besser aus."

Auf Anfrage bestätigt Torsten Heil, Pressesprecher der KMK, die Dramatik der vorgelegten Analyse. „Auch unsere aktuellen Zahlen zeigen, dass der Bedarf an Grundschullehrern größer ist als zunächst angenommen. Nach wie vor ist die Situation in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. Der Lehrerbedarf variiert zudem deutlich zwischen den Schularten und Fächern.“

Die Diskrepanz zwischen der KMK-Statistik und der Bertelsmann-Zahlen rühre vor allem daher, dass die Bertelsmann-Studie auf Zahlen basiert, die der KMK bei der Veröffentlichung ihrer Statistik im Mai 2018 noch nicht vorlagen. Die jährliche Aktualisierung der Prognosezahlen, wie sie Zorn und Klemm anmahnen, sei im Übrigen schon beschlossen. Mit dem nächsten Bericht, der Auskunft über die aktuelle Bedarfsberechnung geben wird, ist voraussichtlich bis November zu rechnen, so der KMK-Sprecher.

Bertelsmann Stiftungsvorstand Jörg Dräger mahnt derweil „ein ganzes Bündel an Maßnahmen“ an, um dem „Lehrermangel kurzfristig begegnen zu können“:

- Qualifizierung von Gymnasiallehrern und Quereinsteigern für die Grundschule.
- Anreize für Vollzeitarbeitsstellen statt Teilzeit
- Aktivierung von Ruheständlern

Dräger fordert darüber hinaus, andere bildungspolitische Ambitionen nicht aus den Augen zu verlieren: „Auch der Ganztagsschulausbau wird weitere Lehrkräfte erfordern. Gerade sozial benachteiligte Kinder profitieren von guten Ganztagsschulen, in denen Lehrkräfte auch außerhalb des Pflichtunterrichts zum Einsatz kommen.“

Zur Studie: www.bertelsmann-stiftung.de

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